BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZR 312/04
BGB §§ 197 a.F., 249 ff.; 843 Abs. 1
Renten wegen Vermehrung der Bedürfnisse (hier: regelmäßige Pflege eines erkrankten Kindes) sind wiederkehrende Leistungen, für die die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. gilt, auch wenn der Anspruch nicht aus § 843 BGB, sondern aus einem anderen Rechtsgrund (hier: Behandlungsvertrag mit einem Arzt) hergeleitet wird. BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2005 – VI ZR 312/04 – OLG München
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Oktober 2005 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen, die Richter Stöhr und Zoll beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München in Augsburg vom 18. November 2004 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97Abs. 1 ZPO).
Gründe:
Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen ärztlicher Behandlungsfehler hinsichtlich der Geburt ihrer 1987 schwer behindert geborenen und 1999 verstorbenen Tochter auf Zahlung von Pflegemehraufwand für den Zeitraum 1988 bis 1994 in Höhe von 127.750 ? in Anspruch. Die Klage ist im Oktober 2002 eingereicht worden.
Das Landgericht hat der Klage durch Grundurteil stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten wegen Verjährung (§ 197- 3 -BGB a.F.) abgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil sie nicht aufzeigt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Die Nichtzulassungsbeschwerde meint, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, bei dem Pflegemehraufwand handele es sich um wiederkehrende Leistungen i.S. des § 197 BGB a.F.. Solche kämen allenfalls in Betracht, soweit § 843 Abs. 1 BGB die Anspruchsgrundlage darstelle, was hier wegen § 843 Abs. 3 BGB nicht zutreffe, nicht aber, soweit sich die Ansprüche – wie hier – auch aus Vertrag herleiteten. Die Frage sei von grundsätzlicher Bedeutung; im Übrigen sei die Revision auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
Dem ist nicht zu folgen. Die aufgeworfenen Rechtsfragen hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden. Das Berufungsurteil lässt danach keinen die Zulassung rechtfertigenden Rechtsfehler erkennen. Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen sind solche, die von vornherein und ihrer Natur nach auf Leistungen gerichtet sind, die nicht einmal, sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind (BGHZ 146, 228, 232). Es muss sich um eine Verbindlichkeit handeln, die nur in den fortlaufenden Leistungen besteht und darin ihre charakteristische Erscheinung hat (BGHZ 28, 144, 148; 146, 228, 232). Der Anspruch muss seine charakteristische Erscheinung in der fortlaufenden Leistung haben und von vornherein und seiner Natur nach auf Zahlungen gerichtet sein, die nicht einmal, sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind (BGHZ 98, 174, 182). Vom Rechtsgrund einer Leistung hängt ihre Einbeziehung unter die regelmäßig wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 197 BGB im Allgemeinen nicht ab (BGHZ 28, 144, 148). Danach handelt es sich bei einem Mehraufwand für die regelmäßige Pflege eines erkrankten Kindes um regelmäßig wiederkehrende Leistungen, auch wenn der Anspruch nicht aus § 843 BGB, sondern aus Vertrag und den §§ 249 ff. BGB hergeleitet wird. Denn die Pflege ist regelmäßig im Laufe der Zeit zu erbringen und der dadurch bewirkte Schaden entsteht mit jeder einzelnen Pflegeleistung. Entsprechendes gilt für den Ersatzanspruch. Mit einer Klage auf Ersatz des Pflegemehraufwandes kann deshalb, soweit sie künftige Leistungen betrifft, regelmäßig nicht die Zahlung einer den künftigen Aufwand abdeckenden Geldsumme verlangt werden; vielmehr ist – wie beim Unterhaltsanspruch – auf künftige Rentenleistung zu klagen (§ 258 ZPO).
Die Nichtzulassungsbeschwerde geht von einem falschen Ansatz aus, wenn sie darauf abstellt, dass jetzt, nach dem Tod des Kindes, sinnvoller weise nur auf einen Gesamtbetrag geklagt werden kann. Darin liegt lediglich die Geltendmachung von Rückständen der wiederkehrenden Leistung. Und eben dafür gilt die besondere Verjährungsfrist des § 197 ZPO a.F., der das übermäßige Anwachsen von Schulden, die aus den regelmäßigen Einkünften des Schuldners zu tilgen sind, verhindern soll (BGHZ 28, 144, 148 ff.; 103, 160, 169).
Dem entsprechend hat der Senat bereits entschieden, dass zu den wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 197 BGB auch Rückstände auf monatliche Renten nach § 843 BGB gehören und dass für diejenigen, die ihre Grundlage in § 338 ZGB haben oder nach dem Recht der DDR auf vertraglicher Schadensersatzpflicht beruhen, nichts anderes gelten kann (Senatsurteil vom 30. Mai 2000 – VI ZR 300/99 – VersR 1999, 1116, 1117).
Vorinstanzen:
LG Kempten, Entscheidung vom 30.12.2003 – 1 O 2335/02 –
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 18.11.2004 – 24 U 115/04 –